Redundanz und Penetranz
„Wer
dich veranlassen kann, Absurditäten zu glauben, der kann dich auch veranlassen,
Unrecht zu begehen."
Voltaire, Questions sur les miracles, 11. Brief (1765)
Voltaire, Questions sur les miracles, 11. Brief (1765)
Das Prinzip der Redundanz und Penetranz ist ein
klassisches PR-Instrument, das es lange vor der Erfindung der Public Relations
gab. So tut zum Beispiel jede Religion, die in ihren Ritualen und Gebeten immer
und immer wieder die Grundfeste und Grundbegrifflichkeiten ihres jeweiligen
Glaubens betont, strukturell seit jeher nichts anderes. Und wie das nun einmal
so ist mit Strukturen und Mechanismen: Sie sind an sich völlig wertneutral,
jeder kann sie jederzeit zu seinen jeweiligen Zwecken mit seinen jeweiligen
Intentionen einsetzen. Im Guten wie im Schlechten. Im religiösen wie im
politischen Kontext. Oder auch im ökonomischen. Zwischenmenschlichen.
Werblichen. Seinem Einsatz sind keine Grenzen gesetzt. Es ist universell. Und
eben neutral.
Die beständige Bezeugung im Islam, „Es gibt
keinen Gott außer Allah“, folgt diesem Schema ebenso wie die nervtötende
Persil-Persil-da weiß man, was man hat-Persil-Werbung in den 70ern. Und auch die
so stupide wie erfolgreiche Massensuggestion, die Hitler bereits 1926 im
Kapitel „Kriegspropaganda“ seines Machwerks „Mein Kampf“ propagierte und die
Goebbels später, jedoch weitaus perfider, zur Perfektion brachte, tut nichts
anderes.
Der PR-Manager, der Muslim oder auch die
Werbeabteilung von Henkel sind sicher nicht einmal ansatzweise mit den banal
bösen Gestalten des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte auf eine Stufe zu
stellen. Aber sie alle machen sich das in seinen Grundzügen gleiche Schema zunutze.
Das weiß vielleicht jedermann, aber kaum einem
ist es in dem Moment, in dem man sich des Schemas bedient, auch bewusst. Mit
Karl R. Popper sind wir jedoch gefordert, uns dies immer wieder bewusst zu
machen. Angesichts
der Gräuel der kommunistischen und nationalsozialistischen Regimes stellte er
sich eine grundsätzliche Frage: Hat die Weltgeschichte einen Sinn? Und seine
Antwort lautete: Nein, hat sie nicht – wir müssen ihr einen Sinn geben. Wir
dürfen dies nicht einer wie auch immer gearteten Macht überlassen, der wir uns
ausliefern, indem wir Verantwortung delegieren. Wir müssen Verantwortung übernehmen.
Täglich aufs Neue:
„Die einzige rationale Einstellung zur Geschichte
der Freiheit besteht in dem Eingeständnis, dass wir es sind, die für sie die
Verantwortung tragen – in demselben Sinn, in dem wir für den Aufbau unseres
Lebens verantwortlich sind; dass nur unser Gewissen unser Richter sein kann.“
Und Verantwortung
übernehmen heißt in diesem Fall: bereit sein, stets über unser Handeln und über
dessen Strukturen, Mechanismen und Konsequenzen zu reflektieren, sie zu
hinterfragen. Sonst sind wir nicht davor gefeit, wieder von der offenen in die
geschlossene Gesellschaft zurückzufallen. Und damit, so Popper, in die
Barbarei.
„Wir sind das Volk“ – was in friedlicher PR-Mission einmal eine breite Mehrheit der Bevölkerung einer verschwindend geringen Minderheit poststalinistischer Apparatschiks entgegengesetzt hat, ist mittlerweile zu einer redundanten wie penetranten PR-Parole einer ihre eigene Weltsicht absolut setzende Minderheit degeneriert, die durch diese Setzung problemlos imstande ist, sich selbst als die einzig wahre Mehrheit – das Volk – zu definieren und alle anderen, Syrer wie Sympathisanten, aus eben diesem Volk auszugrenzen. Damit erhält der Slogan mit einem mal eine durchweg völkische Konnotation.
„Wir sind das Volk“ – was in friedlicher PR-Mission einmal eine breite Mehrheit der Bevölkerung einer verschwindend geringen Minderheit poststalinistischer Apparatschiks entgegengesetzt hat, ist mittlerweile zu einer redundanten wie penetranten PR-Parole einer ihre eigene Weltsicht absolut setzende Minderheit degeneriert, die durch diese Setzung problemlos imstande ist, sich selbst als die einzig wahre Mehrheit – das Volk – zu definieren und alle anderen, Syrer wie Sympathisanten, aus eben diesem Volk auszugrenzen. Damit erhält der Slogan mit einem mal eine durchweg völkische Konnotation.
Wer ihn im Angesicht
einiger Busse mit verschreckten Flüchtlingen skandiert, dabei den Untergang des
Abendlandes prognostiziert und die christlichen Werte im Orkus der
Weltgeschichte versinken sieht, der geht bereits den ersten Schritt in eben die
Richtung, vor der uns Popper gewarnt hat. Zumal dort, wo gerade einmal 0,4%
Muslime leben und über 70% weder getauft sind noch irgendeiner christlichen
Konfession angehören. Kaum anzunehmen, dass einer dieser Demonstranten weiß,
dass nicht das Abendland das Christentum hervorgebracht hat, sondern viel eher
das Herkunftsland eines Großteils dieser Flüchtlinge – Syrien.
Das ist das Perfide:
Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Es sieht so harmlos
aus. Die gleichen Strukturen, die gleichen Parolen, womöglich sogar die
gleichen Personen. Und doch ist alles anders. Das muss sich jeder
verantwortungsbewusste Bürger immer wieder bewusst machen. Nur dann bleibt es
einem bewusst. Für Popper ist das ein wesentlicher Teil des Kampfs für die
Freiheit, der niemals endet. Niemals dürfen wir uns ausruhen und uns ihrer sicher
wähnen. Immer bleibt der Schoß fruchtbar noch, aus dem das kroch. Aber wenn
auch wir Werber, PR- oder Social Media Manager unserer Verantwortung gerecht
werden, dann bleibt der Aufstieg des
Arturo Uli ein aufhaltsamer.
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