Es
gärt
Es gärt gewaltig in
der deutschen Mitte. Noch weitgehend versteckt hinter Türen. In sozialen
Medien. Oder im privaten Rahmen. Doch was sich da zusammenbraut, ist eine trübe,
ungenießbare Brühe. Eine, die zudem hier wohl bekannt ist. Aus Zeiten, als
Leute vom Schlage Hugenbergs meinten, die deutsche Volksseele retten zu müssen,
am Ende jedoch die Geister, die sie riefen, nicht mehr los wurden.
Sie haben sich mit
ihnen gemein gemacht, um sie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Nur
unterschätzten sie in ihrer selbstgerecht naiven Arroganz die normative Kraft
des Faktischen, zu der eine zu allem entschlossene Minderheit imstande ist. Sie
konnten den brauen Mob nicht mehr beherrschen, sie wurden von ihm beherrscht. Und
entsorgt. Das völkische Grauen konnte fröhlich-pathetisch Urständ feiern, während
der großbürgerliche Kleinbürger darob entsetzt die Arme hob und schrie: Das wollt ich nicht, damit hab’ ich nix zu
tun!
Das Gefährliche ist, dass an vielem,
was derzeit gesagt wird, etwas dran ist. Im Deutschland dieser Tage wird eine
Menge zu Recht kritisiert und auf tatsächliche Missstände hingewiesen. Nur
dann schaltet der besorgte Bürger mit einem mal das Großhirn aus und lässt das
Stammhirn schalten und walten. Und statt Vernunft und Verstand ihren Dienst tun
zu lassen, statt abzuwägen und die Dinge aus unterschiedlichen Blickwinkeln, in
all ihren Facetten, Konsequenzen und historischen Dimensionen zu betrachten,
bricht sich eine einfach strukturierte, monoperspektivische Denkweise Bahn.
Aber sollten wir nicht alle Kinder der Aufklärung sein? Die ist schließlich, so Kant, der Ausgang des Menschen aus seiner selbst-verschuldeten Unmündigkeit. Mündige Bürger haben wir zu werden, die sich nicht dumpf von anderen den Weg weisen lassen, sondern den Mut haben, selber zu denken. Die nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich immer erst hübsch an die eigene Nase fassen. Die nicht munter drauflos schwadronieren, sondern erst über das zu Sagende reflektieren. Und dann vielleicht besser einfach mal die Klappe halten.
Aber sollten wir nicht alle Kinder der Aufklärung sein? Die ist schließlich, so Kant, der Ausgang des Menschen aus seiner selbst-verschuldeten Unmündigkeit. Mündige Bürger haben wir zu werden, die sich nicht dumpf von anderen den Weg weisen lassen, sondern den Mut haben, selber zu denken. Die nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sondern sich immer erst hübsch an die eigene Nase fassen. Die nicht munter drauflos schwadronieren, sondern erst über das zu Sagende reflektieren. Und dann vielleicht besser einfach mal die Klappe halten.
In diesem Fall
hätte man vielleicht die Chance zu erkennen, dass die plump eindimensionalen
Argumentationen, wie sie einem derzeit aus dunklen Ecken und Kanälen
deutsch-national und radikal-konservativ zugeraunt werden, strukturell nicht sonderlich
weit von den Argumentationen entfernt sind, mit
denen seinerzeit die Heilsritter der rein arischen Rasse das Land mit
kaltschnäuziger Berechnung überzogen haben. Wobei es höchst lehrreich ist zu
wissen, was diese damals von ihrem eigenen Volk dachten und warum ihre
Botschaften so eindimensional zu sein hatten: Schlichte Botschaften fürs schlichte
Volk – das sichert den Erfolg bei den Massen. Oder um es mit den eigenen Worten
des Führers zu sagen:
„Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr
geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten
unter denen, an die sie sich zu richten hat ... Damit wird ihre rein geistige
Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen
sein soll.“
Adolf
Hitler, Mein Kampf (1925)
Da, wo Ehre, Stolz
und Vaterland ins Spiel kommen, weicht schnell die Kraft rationaler Argumente.
Da erhebt sich der Mensch über andere, reklamiert die Wahrheit allein für sich:
Die eigene Wahrheit wird zur einzigen
Wahrheit. Andere Meinungen werden erst als persönliche Beleidigungen empfunden.
Dann als Gefahr. Und Bedrohung für Volk und Vaterland, für die deutsche Kultur
im Besonderen und das christliche Abendland im Allgemeinen. Darauf muss gnadenlos
reagiert werden.
Der Schoß ist
fruchtbar noch, aus dem das kroch. Fruchtbar nicht allein in
in Syrien, Somalia,
Uganda oder Nord-Korea. Nein, überall. Auch bei uns. Oder in Polen, Ungarn, der
Slowakei, Frankreich und Finnland. Es ist, nach den unvorstellbaren Gewaltexzessen
in den vergangenen 2000 Jahren, vor allem der „Humanitären Revolution der Aufklärung“ (Steven Pinker) zu
verdanken, dass uns, trotz aller grauenvollen Rückschläge im 20. Jahrhundert, der
Zivilisationsprozess ein historisch ungekanntes Maß an Empathie und Selbstbeherrschung
gebracht hat. Insbesondere im zwischenmenschlichen Alltag.
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